Schon lange lebe ich in dem Wissen, homosexuell zu sein. Ich selbst habe das nie als etwas widernatürliches gesehen, sondern sehe mich als Kind dieser Erde. Als Mann, der seit nun 15 Jahren an der Seite seiner Liebe steht, einem Herz von Menschen, sehe ich keine Notwendigkeit meine Liebe zu verstecken.

  • In Deutschland zu leben hat für Homosexuelle viele Vorteile: 
  • Homosexualität ist nicht mehr strafbar
  • Homosexualität wird nicht als Krankheit angesehen
  • Homosexuelle dürfen für ihr Recht eintreten
  • Homosexuelle stehen in der Öffentlichkeit 

Deshalb ging ich in die ehrenamtliche Unterstützung des CSD Hannover mit der irrtümlichen Überzeugung, nur ein kleines Zeichen zu setzen. In meinem kleinen Mikrokosmos war die Welt noch “in Ordnung”. Natürlich hatte ich schon Diskriminierung und Verachtung erleben müssen, wenn das Thema Homosexualität aufkam. Dennoch blieb ich bisher verschont von Anfeindungen jeglicher Art.

Dies hat bestimmt auch seinen Grund darin, dass ich zwar in einer Partnerschaft lebe, wir aber in der Öffentlichkeit weder Händchen halten, noch uns küssen. Warum genau, kann ich gar nicht sagen aber sicher hat es auch mit dem untrüglichen Gefühl zu tun, doch nicht ganz akzeptiert, sondern nur toleriert zu werden.

Am ersten Tag des CSD Hannovers war das Empfinden wundervoll. So viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Meinungen und Charakteren standen zusammen, um für Gleichberechtigung und Vielfalt einzutreten. Zu später Stunde und nach einem arbeitsreichen Tag gingen mein Mann und ich noch mit einem heterosexuellen Paar zu einer Burger-Kette im Hauptbahnhof.

Nichtsahnend saßen wir um 04:32 Uhr zusammen und “genossen” die erst warme Mahlzeit des Tages, als sich plötzlich und ohne zu Fragen ein junger Mann um die 20-25 Jahre an unseren Tisch setzte. Er schaute uns mit abwertenden Blick an und fragte, ob das Zeichen auf unseren T-Shirts für Homosexualität stehen würde. Natürlich trugen mein Mann und ich das offizielle CSD Orga T-Shirt mit dem Logo des CSD Hannover. Nach kurzem Schweigen kam dann das obligatorische:

“Ich habe nichts gegen Homosexuelle, ABER…”

Es stellte sich heraus, das der junge Mann polnische Abstammung war aber in Deutschland geboren wurde und hier die Freiheiten und Vorzüge zu schätzen weiß. Dennoch war er der Meinung, gerade weil es ja die freie Meinungsäußerung in Deutschland gibt, uns mitteilen zu müssen, dass es in “seinem” Dorf in Polen keine Homosexuellen geben würde. Homosexualität sei vielmehr die Strafe Gottes für die Eltern, deren Kinder so anders geartet seien, weil die Eltern etwas “Böses” getan hätten. Man könne aber diese Strafe bereinigen. Wie genau wollte er dann aber nicht sagen. 
Als studierter Religionswissenschaftler war ich schockiert von der Unwissenheit und der Verirrung im Glauben und als Mensch von dieser offenen Anfeindung. Nach hitziger Diskussion kam ein jüngere Türke und nahm den Mann zu Seite um ihn fort zu bringen.

Nach diesem Erlebnis wollte ich nur noch eine Zigarette rauchen, denn der Hunger war mir vergangen. Draußen vor dem Eingang des Bahnhofs sprach uns dann gleich der nächste junge Mann an, der meinte, wir sollten doch aufhören uns in die Öffentlichkeit mit unserer sexuellen Ausrichtung zu drängen. Man könne es ja tolerieren, das wir so seien, aber doch bitte nicht in de Öffentlichkeit.

Dies bestärkte mich nun in zweierlei Hinsicht. Wir sind frei in Deutschland und dürfen unsere Meinung sagen. Genauso wie jeder andere auch. Aber wir müssen auch aufstehen und unsere Meinung äussern, damit Demagogen und Mitläufer verstehen und zuhören. Wir müssen mit starker und erklärender Stimme fest auf dem Boden der Tatsachen stehen und immer wieder für unser Recht eintreten. Das Recht zu lieben und zu leben, wer und wie wir sind. Das ist die Würde des Menschen und diese ist unantastbar.

Die Liebe hat ein Anrecht zu leben und jeder sollte auf sein Herz hören. Herzen lieben einander und verbinden, der Verstand kann aufklären und Verständnis schaffen. Lasst uns beides nutzen und in Einklang bringen um Hass und Unverständnis zu vermeiden.